Mr. Wilson

Wie im letzten Beitrag gesagt war ich wieder in ‚Woodstock‘ und dies ist auch der Grund warum ich solange nicht geschrieben habe. Zur Zeit sitze ich in Bangkok in der ‚flapping Duck‘ und schreibe diese Zeilen an meinem ersten freien Tag seit langem.

Sechs Wochen vorher, nachdem ich mit Khai, dem Besitzer geredet hatte, war ich sehr glücklich, denn er sagte mir, dass er das alte Woodstock wieder aufleben wolle. Da ich immer noch kein Bargeld und keine Kreditkarte hatte, war ich für das Angebot dort für Kost und Logis zu arbeiten, gerne annahm.

Da die anfängliche Arbeit an der Rezeption eher von Tristesse geprägt war, suchte ich nach weiteren Aufgaben. Und fand diese auf der anderen Straßenseite. Dort war die ehemalige hoteleigenene Bar ‚Mr. Wilson‘ in einem desolaten Zustand.

Also fing ich an und wurde nach und nach nahezu besessen davon, diesen Ort zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Natürlich mochte ich nicht mein eigenes Geld hier reinstecken (zumal ich keins hatte) und Unterstützung war rar gesät.

Eines Abends hatte Khai zum Essen in seine Villa/Luxushotel eingeladen.

Bei dieser Gelegenheit nahm ich ihn beseite und machte ihm den Vorschlag, dass ich die Verantwortung für die Bar übernehme. Dafür, dass ich die nächsten vier Wochen diese Bar aufbaue und ‚zum funktionieren‘ bringen, wollte ich einen Bungalow und mehr Unterstützung. So waren wir uns einig.

Die Arbeit an dem Aufbau von ‚Mr. Wilson‘ ließ mir keine Ruhe. Ich konnte nur sechs Wochen im Land bleiben und wollte diese Bar in einen funktionalen Zustand bringen.

Tiefenreinigung ist hier wörtlich gemeint, da ich selbst in 10cm Tiefe noch Glassplitter fand. Auch die Küche die als Abstellkammer diente und die Toilette, die Freddy Krüger Alpträume bescheren konnte, wurden Ziel meiner Aufmerksamkeit.

Aber immer wieder zog mich die auch örtliche Fauna in den Bann.

Das frischgezeichnete Mr.Wilson-Schild
frischgeschlüpfte Gottesanbeter*innen

Dieser Ort soll der persönlichen Entwicklung dienen, indem Menschen ihre meist unterdrückte künstlerische, akrobatische oder musikalische Seite erwecken sollen, nur um auszutesten ob es ihnen gefällt. Auch Selbstreflektion, Meditation und emotionale Aufarbeitung soll hier möglich werden und in Gleichgewicht gebracht werden mit dem Körper, den man hier durch Yoga und Kraftgymnastik und Feuertanz stärken kann.

Um diese utopischen Ziele zu erreichen, hilft kein langes Denken und so folgte ich meinem Grundsatz „einen Schritt nach dem anderen“.

Leicht unterbrochen wurde die Arbeit für die Feuershows, die ich immer für die vietnamesischen Kinder aufführte, wenn wieder eine größere Gruppe Vietnamesen zum Abendessen vorbeikammen. Auch zu auftischen wurde jede Hand gebraucht.

Derbe unterbrochen wurde die Arbeit dann durch eine Email, die mir sagte, dass ich die zweite Runde in der Bewerbung für einen guten Job gekommen sei und ich fünf Tage später dafür einen Onlinetest machen müsste. So vergingen 5 Tage intensiven lernens in der ich nur zum körperlichen Ausgleich an der Bar arbeitete. Ob ich im Endeffekt in die nächste Runde komme erfahre ich in ein paar Wochen.

Währenddessen wurde ich von meinen vietnamesischen Kollegen gut aufgenommen und genoss die Hausmanskost.

Müllabfuhr

Auch ging es immer wieder zu Binh, der seinen Laden inzwischen ordentlich aufgemotzt hatte.

So traff man immer wieder hervoragende Menschen wie Nicka und Matheo aus Slovenia.

Nicka nutzte ihre Erkältung zum malen (@Nicka: i told u that i take this picture)
Aus Nickas Bild wurde später ein Tisch

Für einen Tag musste ich dann HaLong um mir das durch WesternUnion selbstüberwiesene Geld abzuholen (immer noch keine Bankkarte).

Da übernachtete ich und kaufte auch noch ein paar Kleinigkeiten um zumindest durch den Verkauf von Bier in der Bar etwas Geld nebenbei verdienen konnte.

Zurück in Woodstock ging die Arbeit dann weiter und der Schweiß floß in der Hitze nur so dahin.

Dann eines Tages schneite Mat herein Er, Binh und Khai kannten sich gut, da er bis in Pandemiezeiten im Woodstock gearbeitet hatte. Wir verstanden uns von Anfang an gut, da das Woodstock-Feuer in uns brannte.

Er will nun ein paar Wochen bleiben und helfen Woodstock zu alten und neuen Glanz zu verhelfen. Das war genaudas, was ich mir gewünscht hatte. Einen westlichen Mitstreiter der diegleiche Vision mit anderen Ideen verfolgte.

Wir machten uns an Werk. Dies bedeutete erstmal lange Nächte voller Bier. Ein hartes Los, aber irgendwer muss den Job ja machen.

Auf dem Froschtisch muss jeder einen Frosch zeichnen

Eines Tages als ich mit Nicka und Matheo an den Bänken und Tischen für die Bar arbeiteten, kamen der Dokumetalfilmer Alan aus Hollywood mit dem Prinz von Afghanistan (Tony), der damals das ‚Studio54‘ gegründet hat, in ‚Mr.Wilson‘ hereinspaziert. Nach einen kurzen aber witzigen Gespräch mit dem Prinzen, lud dieser uns zu seinem Milliardärskumpel am Abend ein. Da der Prinz ein Kunstliebhaber ist, war ich sehr traurig, dass Mat das Treffen verkatert verschlief und ich sagte in unseren beiden Namen zu.

Wir kamen etwas Spät, sodass wir den Prinz wegen einem Onlinemeeting verpassten. So setzten wir uns mit Alan und Dong (Yum), dem Milliadär, der das Haus 102 gebaut hatte zusammen und fingen an Reiswein zu trinken und interessante Gespräche zu führen.

Der Karaoke-Bildschirm

Nach einem schönem Abend an dem ich viel zu viel gegessen hatte (das war aber auch lecker), machten wir zurück, nicht ohne auf dem Rückweg in einen Lachanfall aufgrund der Absurdität der Situation zu verfallen.

Für Woodstock übernahm Mat die Rolle der Personalabteilung und aus ausgildeter Künstler auch die Führung über den kreativen Part. Genau nachdem Khai und Houng (das vietnamesische Besitzerpäarchen) und er die Aufgabe bekam, Leute zu suchen, kamen Elli und Will aus Schottland hereinspaziert und sagten, sie wollten gerne im Woodstock arbeiten. Mit Erfahrung in Bar, Küche und Rezeption waren sie mehr als willkommen.

Die morgendlichen Treffen wurden schnell professioneller.

Aber wichtiger war es einfach weiter zu machen, auch wenn das eine oder andere Meeting aufgrund von zu langen Nächten ausfallen musste, blieb jeder begeistert und wor arbeiteten fleißig zusammen.

Auch Megan, Alicia und Noëlle halfen

Mit der Medizinerin Noëlle, die parallel noch mit künstlicher Intelligenz forscht führte ich schöne Gespräche über die Zukunft der Medizin und den Grenzen des Wachstums. Alicia hat auf dem Bau und in der IT gearbeitet und Megan ist Yogalehrerin/ehemalige Managerin.

Steven war mit seiner Frau in Woodstock und die veriet uns, dass er gerne Feuershow machen wöllte. Also bot ich ihm unsere Hilfe an. Mat und ich können beide etwas Feuershow und sagten Steven eine Unterrichtsstunde an. Nachdem er das Angebot angenommen hatte, konnte mich keiner davon abhalten, die Leute zu seiner Feuershow einzuladen. Das macht ihn zwar etwas nervös insbesondere das er an seinem ersten Tag Training gleich mit Feuer hantieren sollte.

Wir halfen ihm so gut wir konnten und er machte eine gute Show.

Mat und ich

Das deutsche Päarchen Linda und Jonas kamen frisch aus China und waren die ersten, die bei der Neuauflage des Familiendinners dabei waren.

Und es werden mehr

Auch die Idee, die Gäste zur Kreativität zu verleiten um die Bar dann mit ihren Kunst zu schmücken, scheint aufzugehen.

Die Anzahl der zufrieden Gäste und Mitarbeiter wächst. Und Mat hat schon die Poster fertig.

Ziemlich unclever war es von mir das Wetter zu unterschätzen. Die Licht- und Stromarbeiten sollten zum Schluss gemacht werden, aber drei Tage Dauerregen schürten meine Zweifel mit den Kabeln zu hantieren. Eigentlich wollte ich den letzten Tag frei machen, aber ich konnts wohl nicht sein lassen. Am letzten Abend sollte natürlich in der neugeschaffenen Bar gefeiert werden und so war zeitgleich die PreOpeningParty. Für diese wurde die letzten Arbeiten improvisiert (vietnamese-style). Die Nacht sollte stürmisch und regnerisch werden.

Das mit dem bewegtem Bild scheint nicht optimal zu laufen

Linda und Jonas waren sehr geistreiche Gäste. So hat Linda verschiedene Abschlüsse inklusiv Physik und Jonas steht kurz vor seinem Doktor in Chinesisch, sodass zur ausgelassen Stimmung durch Bia Hoi (Frischbier) und Musik auch noch fordende und erkenntnissreiche Unterhaltungen kamen. So wurde es feuchtfröhlich.

Am nächsten Tag, der Tag an dem der Bus nach Hanoi kam, wurde verkatert gedrückt und die besten Wünsche geäußert.

Ich werde zurückkehren. Für welchen Zeitraum, dass wird die Zukunft zeigen.

In Hanoi angekommen ging ich wieder ins Hanoi City Backpacker und lernte in meinem Zimmer zwei junge Armenerinnen aus Hongkong kennen, mit denen man offen über verschiedene politische Situationen sprechen konnte.

Der Flug nach Bangkok war dann aussergewöhnlich ereignislos und ich kehrte gestern in der ‚flapping Duck‘ ein.

Thailand hat für mich immer eine Art Zauber, der die Dinge irgendwie scheinender macht. Zwar rasten abends noch die Gedanken durch meinen Kopf, aber wenigstens mein Körper fand etwas Ruhe.

Zur Zeit warte ich das die Überweisung zu WesternUnion bald durch ist, damit ich wieder Bargeld habe und einständiges PadThai verschlingen kann.

Die nächsten Tage sind durch diese Unsicherheit im unklaren. Ob ich es nochmal nach Pai schaffe, um die Flyer zu verteilen, weiß ich noch nicht. Denn klar ist nur, dass Florian, ein Freund aus Jena, mich besuchen kommt und ich dafür am 9ten in Bangkok sein muss. Ich freu mich schon.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert